Thursday 27 September 2012

München - Ciao Bella!

München hat bessere Tage gesehen. Das große Damals scheint allenfalls noch in Wörtern wie "Schickeria" auf - allerdings bedeutet das mittlerweile nicht mehr Cabrio und Sonnenbrille, sondern die zwischen Bastelgruppe und Schlägertruppe angesiedelten Unterstützer des örtlichen Fussballvereins.

Dass auch das Oktoberfest längst keine Zugkraft mehr hat, sieht man dieser Tage deutlich - die Horden brutalisierter italienischer Männergruppen, die Armen, Ältlichen, die schlicht Verwirrten oder volltrunkene Schülergruppen stellen kaum das Hoffnungspotential eines erfolgreichen Tourismus-Managements dar.

Ein S-Bahn System, das mehrmals am Tag zusammenbricht gehört zwar in fast allen deutschen Großstädten zum trüben Alltag - aber hier, der Vorzeigestadt bayrischen Wohlstands kann man nicht mal eine sogenannte "Stammstrecke" managen. Dazu gibt es verdreckte Bahnstationen, Fünfziger Jahre-Kioske die um 6 Uhr abends schließen und natürlich - ein Superlativ muß ja sein, die höchsten Nahvehrkehrspreise Deutschlands.

Das peinliche und einfallslose PR-Geschäft, das nur drei Wörter zu kennen scheint: Bier, Weisswurst, Brezn spiegelt die kulinarische Landschaft Münchens erstaunlich realistisch wider.

Selbst der einst so viel gerühmte Viktualienmarkt (gesprochen: Fiktualienmarkt) verdreckt und verfällt zunehmends. Aus Mangel an Kundschaft gibt es hier mittlerweile Gummibärchen zu kaufen und die Gemeinschaft der "Standlbesitzer" hat sich zu Radio-Werbung  durchgerungen, auf dem örtlichen Sender versteht sich, mit viel touristischem Bayern-Getöse.

München braucht eine neue Marken-Identität. Die müden, ausgelutschten Klischees vom Bier, den Madln, der Wiesn und wie sie alle heißen mögen, öden nur noch an. Angela Merkel beschwor neulich etwas das sich um "Lederhosen und Laptop" drehte. Vielleicht die Lederhose einfach mal im Schrank lassen,so schwer es auch fallen mag? Da draußen ist eine ganze Welt, mit der man in Kontakt treten kann - auch wenn man keine Wadlstrümpfe trägt, die von bierliebenden  italienischen Bus-Touristen fotografiert werden.

München braucht eine neue Gegenwart  - von der völlig ungeplanten Zukunft ganz zu schweigen. Und die muss jenseits der ausgelutschten Bayernklischees und der Komödienstadl-PR stattfinden.



Copyright M.Appleton 2012

2 comments:

  1. Man muß sich nur die Architektur der letzten zwanzig Jahre betrachten – von ein paar zum Teil schon baufälligen Leuchtturmprojekten abgesehen nichts als Langeweile, keine Einfälle, kein Mut. Man braucht hier zwanzig Jahre, um drei Tunnel zu bauen, es wird wohl nochmal so lange dauern, bis der ÖPNV dem Bedarf angepaßt ist, und den Flughafen läßt man jetzt auch wieder in die Provinzialität zurückfallen.

    Auf die Selbstgefälligkeit folgt die Schwerfälligkeit. Aber vielleicht ist es ja gar nicht schlecht, wenn die Wiesn bald nicht mehr so voll ist.

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  2. "Ein S-Bahn System, das mehrmals am Tag zusammenbricht gehört zwar in fast allen deutschen Großstädten zum trüben Alltag." Mag sein. Aber ehrlich mal, wirklich. Berlin ist eine Klasse für sich!
    <;-)

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